Bike fitting – Was ist bei mir anders?

Ein Bike-fitting ist ein Bike-fitting, oder?
In der Theorie ist ein Bike-fitting ein Bike-fitting, egal wo oder wer das macht es gibt ein “richtig” und das ist was du bekommst wenn du für ein “professionelles” Bike-fitting bezahlst.

Aber warum denke ich das ein Bike-fitting von kommerziellen Systemen (z.B. Retül) sich von meinen Set up’s unterscheidet?

Die angesprochenen Systeme vermitteln den Eindruck besonders präzise Ergebnisse zu liefern, es ist “High Tech” und “Computergestützt” das wirkt sehr “professionell”. Doch arbeiten diese Systeme lediglich mit Schätzungen und Durchschnittswerten aus erhobenen Daten und Algorithmen die in die Systeme einprogrammiert sind, das spiegelt den individuellen Körper mit seinen Besonderheiten nicht oder nur unzureichend wieder. Was weiß eine Maschine oder ein Computer Programm von deinen Füßen, deinen Händen, deinem Hintern, deiner Muskulatur, deinen Gelenken, deiner Beweglichkeit? Ein Mensch ist mit Durchschnittswerten nicht beschreibbar, dafür sind wir alle zu unterschiedlich.

Der Bike-fitter der das System bedient kann durchaus ein Experte sein, muss er aber nicht. Die Systeme sind so konzipiert das sie im Prinzip von jedem bedient werden können, ob der Ausführende physiologische Kenntnisse hat oder nicht ist im Prinzip unerheblich.

Meine Set up’s sind für dich, deinen realen Körper und für reale Bedingungen!
Ich bin in der Lage zu sehen wie flexibel und symmetrisch du bist, und wie mit Spannungen und eventuellen Blockaden in Gelenken und Muskulatur umzugehen ist um eine für dich angepasste Position auf dem Rad zu finden. Eine Maschine kann so etwas nicht beobachten.

Ein weiterer Punkt ist das Handling und das Fahren unter realen Bedingungen, was wissen die kommerziellen Systeme davon? Wird dort erfasst wie und wo du Rad fährst, dein individueller Stil, deine Vorlieben? Wenn du nur auf der “Rolle” “fährst” wo es keine Schlaglöcher, keine Kurven, keinen Verkehr, keine Abfahrten, keinen Wind gibt wirst du mit den Ergebnissen wahrscheinlich zufrieden sein – viel mehr als eine Stunde sitzt man eher selten darauf.

Aber warum liefern die Systeme keine Set up’s für die reale Welt, wo doch in den Algorithmen durchaus Reale-Welt-Erfahrungen eingeflossen sind?
Hier treffen wir auf die verbreitete Annahme das die “richtigen” Winkel der Schlüssel zu einem “richtigen” Set up sind. Die Winkel sind einfach zu messen und einfach zu beobachten, das ist schon alles, heraus kommt eine Zahl und mit Zahlen zu arbeiten ist etwas was Maschinen sehr gut können…

Ich messe keine Winkel, ich bin mir Ihrer bewusst aber es gibt wichtigers!

Spannungen minimieren und eliminieren:
Verspannungen sind der Feind jeder Ausdauerleistung. Verspannungen entstehen wenn Muskeln sich nicht mehr entspannen können. Beim Fahren auf dem Rad sollen die großen Muskeln in den Beinen die Arbeit machen, wenn noch viele andere Muskeln z.B. in den Armen zu arbeiten haben läuft irgendwas verkehrt.

Die aufgewendete Energie effizient in die Pedale bringen:
Die Pedale / Kurbeln folgen ihrer zirkulären Bewegung, das ist wofür sie gebaut sind, etwas anderes kann man damit nicht machen. Jede Kraft die nicht der zirkulären Bewegung der Kurbel dient ist eine Verschwendung von Energie. Schlimmer noch sorgen solche unnötigen Aufwendungen von Kraft dazu deine Balance auf dem Sattel zu stören.

Das Körpergewicht optimal (unter)stützen:
Wenn du in die Pedale trittst wird ein Teil deines Körpergewichtes von den Pedalen getragen, aber das meiste wird vom Sattel und vom Lenker getragen. Diese Punkte müssen sorgfältig angepasst werden um das Gewicht sinnvoll zu verteilen.
Kaum ein Radfahrer kennt nicht die Probleme mit tauben Händen, schmerzendem Nacken und Beschwerden in den Schultern…

Im Gegensatz zu maschinellen/computergesteuerten Bike-Fitting-Systemen kann ich sehen welche Muskeln gespannt und welche entspannt sind; Ich kann sehen wie du die Pedale bewegst; ich kann sehen wie dein Gewicht auf dem Rad verteilt ist und wie du im Sattel sitzt.

Meine Set Up’s unterscheiden sich in vielen Details:
Meine Set Up’s sind angepasst an den individuellen Radfahrer mit seinen individuellen Möglichkeiten und Ansprüchen. Komfortabel, langstreckentauglich mit aerodynamisch abgestimmter Haltung.

Sonst noch was?
Der Preis: Ich habe keine teuren Maschinen die bezahlt und unterhalten werden müssen, ich berechne lediglich ein paar Stunden Coaching Zeit, daher kosten meine Fittings lediglich €150, das ist etwa die Hälfte dessen was ein “High-Tech-Bike-Fitting” kostet.

Das “Taube-Hände-Problem”

Taubheitsgefühle in den Händen sind eines der häufiger vorkommenden Probleme bei Radfahrern, schaut man sich in einschlägigen Foren um kann man neben hilfreichen Tipps auch Tipps zu lesen bekommen die man besser nicht umsetzt. Da wird auch gerne mal verbreitet “man muss sich halt mit der Zeit daran gewöhnen” oder “das gehört dazu” oder “schieb mal den Sattel etwas weiter nach vorne“. Während die ersten beiden Tipps an gefährlichen Unfug grenzen, ist letzterer schlichter Blödsinn. Mit der vor/zurück Einstellung des Sattels lässt sich weder das “Taube Hände” Problem noch ein Ggf. vorhandenes Reichweite-Problem lösen.

Hinweis: Es sollten auf dem Rad weder Schmerzen noch Durchblutungs- oder Empfindungsstörungen auftreten, alles das sind Symptome für eine fehlerhafte Einstellung des Rades!

Blausen.com staff (2014)

Taubheitsgefühle (Empfindungsstörungen) sind ein ernstzunehmendes Problem! Nach dem schon oben zitierten “man muss sich daran gewöhnen” Prinzip vorzugehen kann nicht unerhebliche, im schlimmsten Fall bleibende Schäden verursachen. Die Ursache des “Taube-Hände-Problems” können sowohl durch den Druck auf die Nervenbahnen (z.B. Ulnaris) der Hand als auch durch die Blockade des Blutflusses verursacht werden. Bisweilen können auch Verspannungen und Fehlhaltungen (bedingt durch mangelhafte Einstellung des Rades) im Bereich der Schultern, der Wirbelsäule oder auch des Beckens solche Symptome auslösen.

Hier mal einige Praxistipps wie man dem Problem beikommen kann:

Die Justage der Sattelneigung ist der erste Ansatzpunkt wenn es darum geht etwas Druck von den Händen zu bekommen. Ich gehe jetzt mal vereinfachend davon aus das das Rad dem Fahrer passt (Rahmengröße etc) und insbesondere die Sattelhöhe zumindest einigermaßen korrekt eingerichtet ist.

Als erstes braucht es einen Stabilitätstest, den führt man folgendermaßen aus: Auf einem Turbo-Trainer oder auf der Straße (vorzuziehen) mit mittler bis hoher Leistung (etwas schwererer Gang mit gewohnter Kadenz z.B. 52/17@90rpm) fahren und die Hände vom Lenker nehmen (ohne die Haltung des Oberkörpers zu verändern) und entweder seitlich zum Oberkörper halten oder hinter dem Rücken verschränken, im Idealfall kann man seine Position auf dem Sattel ohne besondere Anstrengung halten. Wenn das nicht der Fall ist, stellen sich folgende Fragen: Rutscht man nach vorne? Drückt die Sattelnase in die Weichteile?

Für die Einstellung der Sattelneigung braucht man folgende Werkzeuge:

  • Imbusschlüssel
  • Drehmomentschlüssel
  • Lineal oder Maßband evtl. auch eine Wasserwage
  • Geduld 😉

Als erstes die Ausgangsposition ausmessen: Dazu mit dem Lineal den Abstand zwischen der Sattelnase und dem Oberrohr in Fallinie messen. Hier ist Genauigkeit gefragt denn die Einstellungen erfolgen im Millimeterbreich und alles soll sowohl reversiebel als auch reproduzierbar sein. Am besten arbeitet man mit dem in einem Turbo-Trainer eingespannten Rad damit man die Einstellungen sofort testen kann. Es ist eine gute Idee sich die Maße und eine kurze Einschätzung jeder Einstellung zu notieren um später einen Überblick über alle Versuche zu haben.

Hat man im oben beschriebenen Test festgestellt das man auf dem Sattel nach vorne rutscht, wird die Sattelnase nun etwas anghoben beim ersten Schritt um 2mm, im anderen Fall, also bei Druck auf die Weichteile, gehts den umgekehrten Weg. Dann folgt der erste Test der neuen Einstellung auf dem Turbo-Trainer. Das Spiel nun solange treiben bis der “sweet spot” gefunden ist, zuerst in 2mm, später in 1mm Schritten.

Bei manchen Sattelstützen kann das Einstellen der Sattelneigung eine Aufgabe für den “Homo fummiliensis” sein, insbesondere Modelle mit einer zentralen Schraube zur Sattelbefestigung brauchen gerne mal den ein oder anderen Versuch mehr bis die gewünschte Einstellung sitzt. Für den ersten Test in freier Wildbahn die Verschraubung der Sattelbefestigung mit dem Drehmomentschlüssel auf das richtige Anzugsmoment bringen, je nach Art Sattelstütze sind hier Werte von 6-15Nm gefordert, das Anzugsmomnet ist i.d.R. an der Verschraubung angegeben.

Es ist nicht unbedingt davon auszugehen das nach dem ersten Versuch schon die ideale Einstellung der Sattelneigung gefunden ist, hier heißt es nicht die Geduld verlieren. Besonders wer das ganze im DIY Verfahren bewerkstelligt braucht meistens einige Versuche mehr bis alles passt.

Eine weitere Möglichkeit den Druck von den Händen zu bekommen oder diesen zumindest etwas zu mindern ist das doppelte Wickeln des Lenkerbands bzw. das Lenkerband an den neuralgischen Stellen zu unterfüttern. Das kann einiges an Druckspitzen und Vibrationen von den Händen fern halten. Auch qualitiativ gute Handschuhe (nach funktionalen Aspekten ausgewählt!) können eine weitere Hilfe bei Handproblemen sein.

Auch die Lenkerbreite, die Position der Bremsgriffe, die Vorbaulänge, die Sattelüberhöhung, die Cleatposition etc. können beim “Taube-Hände-Problem” mit eine Rolle spielen, das kann am besten bei einem Bike fitting Punkt für Punkt abgearbeitet werden. Ebenso wird eine Analyse der Sitzhaltung auf dem Rad mit dem entsprechenden begleitenden Gymnastikprogramm seinen Teil zur Lösung des Problems beitragen.